10 Berufe, die du wahrscheinlich noch nicht auf dem Schirm hast

Ole Suchender,

ich wiederhole mich ja oft, dass du dir Zeit und Raum für die Suche lassen sollst und nicht gleich den naheliegensten Beruf ergreifen sollst. Denn immerhin kennen die meisten Menschen nach der Schule einen Großteil der möglichen Berufe nicht. Also was, wenn du deinen Traumberuf nicht findest, einfach weil du ihn noch nicht kennst? Um dir das mal plastisch zu demonstrieren, stelle ich dir ein paar Berufe vor, die du wahrscheinlich noch nicht im Visier hast – und zwar Berufe meiner ehemaligen Mitschüler*innen. Ich habe ein bisschen gestalkt und 10 Berufe rausgesucht, die uns während des Abis sicher nicht eingefallen wären.

Let’s go:

1. Wirtschaftsgeograf*in

Thomas (alle Namen geändert) wollte eigentlich zum Bund, wurde aber ausgemustert. Da Erdkunde sein Lieblingsfach war, liebäugelte er mit Geografie. Gleichzeitig wollte er aber auch gerne Karriere machen und Geld verdienen und so fand er zur Wirtschaftsgeografie. Mittlerweile arbeitet er als Bereichsleiter in einer Immobilienfirma.

Was macht man als Wirtschaftsgeograf*in?

Man macht Standort- und Strukturanalysen. Gucken wir uns das an einem Beispiel an: Ein Restaurant will eine neue Filiale aufmachen. Aber wo? Es muss erreichbar sein, also muss die Infrastruktur stimmen und es muss Parkplätze geben. Und es muss von den richtigen Kunden erreicht werden. Experimentelle Küche im Stadtviertel mit den meisten Altersheimen könnte schwierig werden. Andererseits braucht es auch kein zehntes gutbürgerliches Gasthaus. Außerdem braucht man viele Kunden, also wäre es gut, hungrige Arbeiter in der Mittagspause anzulocken. Solche zentralen Orte haben natürlich aber auch hohe Mieten… usw usw

Du siehst also, wer ein Geschäft, eine Firma, eine Fabrik, ein Krankenhaus, eine Kita, ein Bürgerzentrum oder was auch immer eröffnen möchte, muss jede Menge beachten. Da braucht man eine Mischung aus beidem: Ahnung von Geografie, also von der Infrastruktur und den Standortbedingungen und Ahnung von Wirtschaft, also von Kosten-Nutzen-Verhältnissen. Auch wenn das oben gerade ziemlich banal klingt – es ist ein komplexer, abwechslungsreicher Job, der strategisches Denken, Kreativität und Problemlösefähigkeit erfordert.

Übrigens: Wenn man einen guten Job erwischt, kann man mit diesem Beruf durch die ganze Welt reisen, um geeignete Standorte zu finden. Für Reiselustige kann das also ein Traumberuf sein!

Quelle: Pierluigi Palazzi/123rf

2. Szenenbildner*in

Levke hat zunächst Kunst auf Lehramt studiert, aber schließlich hat sie Mut gefasst und sich für die freie Kunst entschieden. Heute studiert sie Szenografie und arbeitet bereits an vielen studentischen Filmprojekten mit.

Was macht man als Szenenbildner*in?

Man entwirft Szenenbilder für Filme, Serien, Werbespots oder auch für das Theater. Man entscheidet zum Beispiel, wie die Kulissen aussehen sollen, wie das Set möbliert und gestaltet werden soll und welche Dekoration benutzt werden soll. Schau doch mal beim Fernsehen genau hin. Wo steht die Couch? Welche Gegenstände liegen auf dem Tisch herum? Wie ist das Layout zwischen verschiedenen Räumen? Was hängt an den Wänden? All das denken sich Szenenbildner*innen aus.

Kleine Anekdote: Ich war mal im Schloss von Harry Potter und ich war sehr erstaunt. Die Außenmauern und der Innenhof, in dem Neville sein kleines Besenmalheur erlebt, sind wirklich so, wie man sie im Film sieht. Der riesige See und der Wald sind aber reingeschnitten. In Wirklichkeit ist das Schloss von Parks und Rosengärten umgeben. Und die Innenräume des Schlosses sind bewohnt, dort gäbe es somit gar keinen Platz zum Drehen. Alle Szenen in den Schulräumen sind alle in Filmstudios entstanden. Stell Dir mal vor, was für ein großer Spaß es sein muss, Szenenbildner*in zu sein und Hogwarts Leben einhauchen zu dürfen!

    Alexei Novikov/123rf

3. Texter*in

Linda hatte erst eine völlig andere Ausbildung gemacht, fand dann aber doch zu ihrer Leidenschaft seit Kindheitstagen zurück: Dem Schreiben. Erst in einem Unternehmen, mittlerweile selbstständig. Wer einen Text für seine Webseite, seinen Flyer, seine Broschüre oder was auch immer braucht, kann ihn bei ihr in Auftrag geben.

Was macht man als Texter*in?

Man schreibt. Und zwar jede Menge. Im Grunde genommen kann man zu allem schreiben, aber man kann sich auch Schwerpunkte raussuchen. Die einen legen ihren Schwerpunkt vielleicht auf technische Bedienungsanleitungen, wo die anderen lieber über Backrezepte oder kulturelle Veranstaltungen tippen. Natürlich kommt es auch immer darauf an, wo man genommen wird bzw. woher man als Selbstständige*r die Aufträge herbekommt.

Der Beruf ist also wie gemacht für Menschen, die leidenschaftlich gerne schreiben. Aber vorsicht: Es gibt strenge Vorgaben, was man schreiben soll. Zu viel Kreativität kann man also nicht einfließen lassen. Wer lieber seine ganz eigenen Ideen zu Papier bringen will, sollte eher Journalist*in oder Schriftsteller*in werden – wobei man auch beides machen kann. Tagsüber schreibt man über fest vorgegebene Themen und abends und am Wochenende hat man dann viele Ideen für eigene Sachen.

Wer diesen Beruf ergreifen will, kann im Grunde genommen alles Mögliche studieren und nebenbei Schreiberfahrungen sammeln. Linda ist Germanistin.

Quelle: Roman Samborskyi

4. Gallerieassistent*in

Maria hat Kunst mit Wirtschaft kombiniert. Seitdem hat sie verschiedene Jobs gehabt, insbesondere im Bereich Kunsthandel. Doch mittlerweile hat sie eine neue Stelle ergattert und ist Assistentin in einer Kunstgalerie.

Was macht man als Gallerieassistent*in?

Man ist Mädchen für alles in einer Kunstgalerie. Das klingt auf den ersten Blick vielleicht nicht so gut, ist aber sehr abwechslungsreich. Man macht Presse und Öffentlichkeitsarbeit – also pflegt man z. B. die Internetseite und die Social Media Accounts, schreibt Artikel für Zeitschriften oder plant und führt Veranstaltungen durch. Man unterstützt bei der Entwicklung und der Installation von Ausstellungen, Präsentationen und Auktionen. Man ist am Einkauf von neuen Kunstwerken beteiligt. Man führt Besucher durch die Galerie, stellt die Kunst vor und führt Verkaufsberatungsgespräche. Und schließlich übernimmt man administrative Hintergrundaufgaben, z. B. die Pflege von Datenbanken und die Verwaltung.

Der Job ist sicherlich stressig und nicht super gut bezahlt. Aber wer Kunst liebt und vielleicht auch eine Vorliebe für die intellektuelle Künstlerszene hat, dem geht bei dieser Arbeit vielleicht das Herz auf.

    rawpixel/123rf

5. Berater*in für Innovation

Matthias hat BWL und VWL studiert und sich schon im Studium auf Innovation und Strategie festgelegt. Nach ein paar Monaten in aufstrebenden ostasiatischen Ländern ist er zurück und berät Unternehmen, wie sie sich fit für die Zukunft machen.

Was macht man als Berater*in für Innovation?

Man ist klassische*r Unternehmensberater*in. Entweder sitzt man fest in einem Unternehmen und berät dort die Bereiche oder man gehört zu einer Agentur, die von Unternehmen beauftragt wird. Man stellt gemeinsam mit dem Unternehmen Analysen auf und guckt, welche Chancen und Herausforderungen in der Zukunft auftauchen werden. Dann schaut man, wo das Unternehmen schon gut ist und wo es sich weiterentwickeln muss, damit es auch in ein paar Jahren noch auf dem Markt Bestand hat.

Themen sind zum Beispiel: Wie gehen wir damit um, dass es immer weniger junge Menschen gibt, die bei uns eine Ausbildung machen oder einsteigen wollen? Wie gehen wir damit um, dass unsere Kunden immer älter werden? Wie setzen wir die Digitalisierung auch in unserem Unternehmen um? Wie reagieren wir auf neue Trends, Gewohnheiten und Bedürfnisse? Wie kriegen wir mehr Vielfalt im Unternehmen hin – wenn wir mehr Menschen aus dem Ausland und Flüchtlinge einstellen und auch wenn wir unsere Produkte an Menschen mit Migrationshintergrund verkaufen wollen? und noch vieles mehr.

Ein spannender, intellektuell anspruchsvoller Beruf, der sehr zukunftsträchtig ist. Wer hier landen will, studiert am besten Wirtschaft oder eine Ingenieurswissenschaft.

    rawpixel/123rf

6. Fachkraft für Straßen- und Verkehrstechnik

Ja, auch auf dem Ausbildungsmarkt gibt es interessante und ungewöhnliche Berufe. Diesen hier hat Richard ergriffen, ein Mitschüler, der schon früh durch seine etwas spezielle Begeisterung für Infrastruktur im Erdkundeunterricht auffiel und in seiner Freizeit Fahrradkarten für die Region entwickelte.

Was macht man als Fachkraft für Straßen- und Verkehrstechnik?

Man ist sozusagen Assistent*in von Ingenieuren. Man nimmt viele Aufträge entgegen, damit die Ingenieur*innen am Ende entscheiden können, wo neue Straßen, Brücken und co. gebaut werden sollen und welche Alten saniert werden müssen.

Zu den Aufgaben gehören zum Beispiel: Die Verkehrsauslastung messen, topografische Karten anlegen (die also Höhen und Senken anzeigen), Baupläne zeichnen, Schäden und Mängel an Straßen und Brücken dokumentieren, Kosten kalkulieren, Bauarbeiten beaufsichtigen und organisieren etc. Sie haben also vielfältige Aufgaben. Ein Plus: Es ist kein körperlich harter Job, denn die Bauarbeiten und Sanierungen werden nicht von ihnen, sondern von Handwerkern durchgeführt. Sie selbst haben also mehr Denkarbeit, sind aber auch viel draußen.

Wer den Job spannend findet, aber gerne noch mehr denken und mehr Verantwortung übernehmen würde, wird am besten Ingenieur*in für Verkehrstechnik.

    Andrey Pavlol/123rf

7. Nachhaltigkeitsmanager*in

Jonna hat sich schon im Studium für Nachhaltigkeit, Umweltschutz und soziale Projekte begeistert und ihre Schwerpunkte dort gesetzt. Nach der Uni ist sie dann direkt in ihrem Bereich gelandet – in einem großen Unternehmen, das Produkte aus Entwicklungsländern importiert.

Was macht man als Nachhaltigkeitsmanager*in?

Die Menschheit verbraucht zu viele Ressourcen, das ist klar. Wenn wir wollen, dass auch noch unsere Enkel gut auf diesem Planeten leben können, müssen wir jetzt handeln. Unternehmen gehen deshalb das Thema Nachhaltigkeit an – wie können wir weniger Müll produzieren? Wie reduzieren wir unsere CO2-Emissionen? Wie können wir mehr recyclen und weniger nicht erneuerbare Rohstoffe nutzen? Und wie können wir durch gezielte Projekte den Menschen und der Umwelt etwas Gutes tun?

Wenn du diese Fragen beantworten willst, dann passt auch du in den Bereich Nachhaltigkeit. Im Bachelor am besten Wirtschaft, Politik, Umwelt oder Ingenieurswissenschaften studieren, im Master dann bei Bedarf spezialisieren. Jonna hat Public Policy studiert.

Quelle: Zych/123rf

8. Head Hunter*in

Fjella studierte Geistes- und Kulturwissenschaften und versuchte, in dem Bereich Fuß zu fassen, doch wie viele wissen, ist das nicht leicht. Schließlich ergriff sie die Chance zum Quereinstieg und wurde Head Hunterin für IT-Berufe.

Was macht man als Head Hunter?

Du kennst es vielleicht schon aus Hollywood. Man sucht nach neuen Mitarbeiter*innen für Unternehmen. Im Gegensatz zur klassischen Personalabteilung schreibt man aber nicht aus und wartet auf Bewerbungen, sondern man sucht gezielt nach Personen, mit spannenden Berufserfahrungen. Head Hunter*innen arbeiten z. B. online auf Plattformen wie Xing und LinkedIn, manchmal aber auch im Real Life, z. B. auf Messen und anderen Veranstaltungen.

Hast du jemanden gefunden, trittst du in Kontakt und bietest ihm Stellen an, die du von Unternehmen bekommst. Du berätst und betreust ihn bei Bedarf auch. Der Job ist abwechslungsreich und man hat mit vielen verschiedenen Menschen zu tun. Das kann Spaß machen. Es ist aber auch stressig. Hängt das Gehalt von der Zahl der Vermittlungen ab, kann es auch schnell an die Substanz gehen. Head Hunter*in kann man meist ohne besondere Qualifikation werden. Studierst du aber Wirtschaft mit Schwerpunkt Personal/(Wirtschafts-)Psychologie, so hältst du dir weitere ähnliche Perspektiven offen.


Quelle: gstockstudio/123rf

9. Metall- und Holzblasinstrumentemacher*in

Lenz wollte erst Lehrer werden, doch das abstrakte Studium gefiel ihm nicht und so machte er eine Ausbildung. Seine Begeisterung für Musik waren hier ausschlaggebend. Metallinstrumentemacher ist er schon, jetzt folgt die Ausbildung für Holzblasinstrumente.

Was macht man als Metall- und Holzblasinstrumentemacher?

Ich sage es immer wieder: Einer der tollen Vorteile am Handwerk ist, das man nicht groß erklären muss. Das Ergebnis liegt klar in der Hand und im Ohr. Man baut Trompeten, Posaunen, Tubas, Hörner… oder eben Oboen, Klarinetten, Saxofone und Fagotts. Für Musikliebhaber mit handwerklischem Geschick ein wahrer Traumberuf.

    mavoimage/123rf

10. Category Planner*in

Milena hat BWL studiert und ihre Liebe für Mode eingebracht. Schon früh arbeitete sie im Einkauf verschiedener Modeläden. Jetzt plant und koordiniert sie den Onlineshop eines großen deutschen Modeunternehmens.

Was macht man als Category Planner?

Man plant Onlineshops strategisch. Man entscheidet also, welche Produkte online verfügbar sind. Welche Kategorien gibt es? Welche Produkte sehen Kunden zuerst, wenn sie auf eine Kategorie klicken, also wie sind die Produkte angeordnet? Wie wird der Kunde durch die Seite navigiert? Wie werden verschiedene Kategorien dargestellt und beworben?

Außerdem wird das Verhalten der Kunden ausgewertet: Was wird besonders oft angeklickt? Was gar nicht? Was lockt die Kunden auf die Seite? Wo bleiben Kunden lange? Was wird viel gekauft und was nicht? So kann man für die Zukunft planen, wie man das Sortiment und die Gestaltung der Webseite plant.

Es kann auch um weitere Features gehen: Gibt es z. B. besondere Vorteilsmitgliedschaften? Werden zusätzlich zu den Standardangeboten noch bestimmte Services angeboten, z. B. Maßschneider, 24-Stunden-Lieferung, Einkaufsberatung etc.

Der Category Manager muss also folgende Fragen beantworten: Wie locke ich möglichst viele Kunden auf meine Seite? Wie halte ich sie möglichst lange da, damit sie sich gut umschauen? Wie bringe ich sie dazu, möglichst viele Dinge zu bestellen? Wie bringe ich sie dazu, kostenpflichtige Zusatzservices zu bestellen? Wie binde ich sie dauerhaft an mich? Es ist eine Mischung aus der Arbeit mit Menschen (Kundenorientierung), der Arbeit mit den Produkten, z. B. mit Mode und Trends, und der Arbeit mit Zahlen. Ein spannender Job, der strategisches Denken erfordert. Eine gute Voraussetzung ist ein wirtschaftswissenschaftliches Studium.

rawpixel/123rf

Und nun? Sollst du jetzt einen dieser 10 Berufe ergreifen?

Nur wenn du unbedingt willst. Die Moral des Beitrags ist aber eine andere: Geh neugierig und mit offenen Augen in deine Ausbildungs- und Studienzeit. Wähle am Anfang am besten ein Fach/einen Beruf mit vielfältigen Perspektiven und nutze alle Erfahrungen und Eindrücke unterwegs, um immer weiter zu deinem Traumberuf zu kommen. Und schrecke nicht vor Abbrüchen und Richtungswechseln zurück. Dann stehen die Chancen gut, dass auch du irgendwann den Beruf deiner Träume finden wirst!

 

Ein Gedanke zu „10 Berufe, die du wahrscheinlich noch nicht auf dem Schirm hast

  1. Danke!
    Hätte deine Seite früher finden sollen, Das hilft mir gerade sehr.
    Ich bin ein wenig zwiegespalten, ich weiß nicht was mir wichtiger ist. Karriere machen oder eher einen entspannteren Beruf ausüben.
    Werde mir deine Worte merken!
    Lg Irina

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